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Es ist wieder Herbst und damit auch wieder die Zeit, in welcher unser Immunsystem einer höheren Belastung ausgesetzt ist: Abgesehen von Covid ist es die Zeit der Erkältungen und erster Grippen.

Das Gute an unserem Abwehrsystem ist, dass sich auch unsere Immunzellen trainieren lassen. Treiben wir Sport oder bewegen uns zumindest regelmässig auf einer leicht erhöhten Intensitätsstufe, können unsere Immunzellen besser Viren, Bakterien und sogar Krebszellen bekämpfen.
Dazu geben wir Fredrik Jötten das Wort, der sich in der NZZ am Sonntag vom 9. Mai 2021 zu diesem Thema geäussert hat

Seit Jahren gibt es in der Immunologie einen Widerspruch. Einerseits beweisen Studien, dass Sport dem Immunsystem gut tut. Andere Untersuchungen zeigen aber auch: Nach dem Training sind Infekte häufiger. Gerade in Zeiten der Pandemie stellt sich deshalb die Frage, ob Sport nun vor Erregern schützt oder sie gar begünstigt.

Atemwegsinfekte treten bei Leistungsportlern während und nach Phasen grösserer Belastung auf – älteren Studien zufolge zwei- bis sechsmal öfter. «Durch grosse Anstrengung wie einen Marathonlauf gibt es eine kurzfristige Immunsuppression», sagt Karsten Krüger, Sportphysiologe an der Universität Giessen. «Wenn man einen Erreger in sich hat, ist es möglich, dass er sich dann vermehrt.» Allerdings ziehen neuere Publikationen in Zweifel, ob es sich bei den Atemwegssymptomen, von denen Berufs- und Hobbysportlerberichten, tatsächlich immer um neue Infekte handelt. Denn bei Screenings konnten nur bei wenigen – in einer Studie bei fünf Prozent – Erreger nachgewiesen werden.

Einige Untersuchungen legten nahe, dass es stattdessen zu lokalen Entzündungsreaktionen durch die Anstrengung kommt, andere, dass Erreger, die immer im Körper vorhanden sind, wie das Epstein – Barr -Virus, kurzfristige Phasen der körperlichen Überanstrengung nutzen, um sich zu vermehren. «Wahrscheinlich kommt es häufig zu einer Verwechslung mit einem akuten Infekt», sagt Krüger. «Untersucht wurden. vor allem Leistungssportler, dagegen gibt es keine Nachweise von Immunsuppression durch Alltagssport.»

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«Hauptsächlich sehen wir aber immer deutlicher die positiven Effekte durch akute körperliche Belastung», sagt Krüger. «Sie aktiviert die angeborene lmmunantwort.» Dieser Teil des Immunsystems ist die schnelle Breitbandabwehr, die viele Erreger anhand bekannter Muster erkennt und abräumt. So etwa die natürlichen Killerzellen, die bei Menschen, die sich regelmässig bewegen, aktiver werden.

Sportler sind kürzer krank
Dies wurde in einer grossen Metastudie in «Sports Medicine» Anfang des Jahres nachgewiesen. «Die natürlichen Killerzellen wirken direkt nach physischer Aktivität besser gegen Viren und Bakterien.» Bei Menschen, die sich regelmässig bewegen, tritt dieser Effekt auch im Ruhezustand auf. «Bei vielen Immunzellen, auch bei den natürlichen Killerzellen, beobachten wir, dass sie trainierbar sind», sagt Sportphysiologe Krüger. «Werden diese Zellen bei Menschen, die sich regelmässig bewegen, mit einer Virus-infizierten Zelle konfrontiert, sind sie effektiver in der Lage, sie zu erkennen und zu beseitigen.»
Solche Effekte könnten erklären, warum sportliche Menschen kürzer an Erkältungskrankheiten leiden. «Die Dauer ist bei diesen Menschen um rund einen halben Tag verkürzt», sagt Thomas Hauser, Präsident der Schweizerischen Gesellschaft für Allergologie und Immunologie. «Körperlich Aktive stecken sich auch seltener mit Atemwegsinfekten an.»

Eine aktuelle Studie mit fast 50000 Corona-Patienten, die im «British Journal of Sports Medicine» erschienen ist, zeigt, dass die positiven Effekte von Bewegung auch bei Sars-CoV-2-Infektionen zu beobachten sind. Menschen, die sich kaum bewegten, hatten ein mehr als doppelt so grosses Risiko, ins Krankenhaus eingewiesen zu werden, wie Menschen, die sich mindestens 150 Minuten pro Woche bewegten. Von Sport spricht der Zürcher Immunologe Hauser in dem Zusammenhang ungern: «Man muss nicht joggen für diese Effekte, mit dem Hund spazieren zu gehen, ist genauso gut.»

«Menschen, die regelmässig Sport treiben, sind jedenfalls seltener krank», sagt Karsten Krüger. «Das gilt für Stoffwechselkrankheiten wie Diabetes Typ 2, Infekte – und ist sogar für einige Krebserkrankungen nachgewiesen.» Die natürlichen Killerzellen gehören auch zu den wirksamsten Waffen des Körpers gegen entartete Zellen.

«Wenn wir regelmässig Sport machen, sind diese Zellen besser in der Lage, Tumore zu erkennen, in sie einzudringen und sie zu beseitigen», sagt Krüger. «Deshalb erkranken körperlich aktive Menschen seltener an Krebs.» Eine Metaanalyse von 770’000 Krebspatienten zeigte 2018 eindeutig, dass sich gerade das Risiko für Brust- und Darmkrebs durch Sport verringern liess. Auch für die Prävention von Prostatakrebs durch körperliche Aktivität gibt es Hinweise.

Diese Erkenntnisse beruhen allerdings auf Beobachtungsstudien, können also nur Korrelationen und keine Kausalzusammenhänge herstellen. «Auch gesunde Lebensführung insgesamt -: also ausgewogene Ernährung, genügend Schlaf, nicht zu rauchen und wenig Alkohol – trägt zu einer guten Immunabwehr bei», sagt Hauser. In epidemiologischen Studien seien die einzelnen Effekte kaum voneinander zu trennen, denn Menschen, die sich regelmässig bewegten, neigten auch insgesamt zu einem gesunden Lebensstil.

Immunsystem bleibt jung
Die Hinweise aus den epidemiologischen Studien auf die gesundheitlich positive Wirkung von Sport werden aber auch durch Labordaten gestützt. «Bei krebskranken Mäusen, die sich in einem Laufrad bewegen, sind – verglichen mit Kontrolltieren – Tumore kleiner und stärker mit natürlichen Killerzellen durchsetzt», sagt Krüger. «Immunzellen von sportlichen Menschen zeigen zudem in Reagenzglasversuchen höhere Aktivität als solche von Personen, die sich weniger bewegen.»

Physische Aktivität kann anscheinend auch das Altern des Immunsystems verlangsamen – diesem auch als Immunoseneszenz bezeichneten Vorgang wird zugeschrieben, dass in der aktuellen Pandemie‘ vor allem ältere Menschen von schweren Covid-I9-Verläufen betroffen sind. Der Prozess ist vor allem dadurch charakterisiert, dass es weniger sogenannte naive Immunzellen gibt, die noch nie aktiviert wurden. Stattdessen reichem sich andere Zellen an, die nicht mehr flexibel auf neue Krankheitserreger reagieren können.

Diese Alterung kann durch Bewegung verlangsamt werden. «Körperlich aktive Menschen, die nicht übergewichtig sind, haben im Alter mehr naive Immunzellen als inaktive Menschen», sagt Karsten Krüger. «Das ist einer der Gründe, warum ein aktiver Lebensstil das Immunsystem bis ins Alter jünger hält.»

Also liebe Blog-Leserinnen und Leser, lassen Sie sich durch die kühleren Temperaturen und allfälliges garstiges Herbstwetter nicht aufhalten. Bleiben oder werden Sie aktiv, bewegen Sie sich, trainieren Sie!

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