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In unserem Darm leben etwa 40 Billionen (das entspricht 40’000’000’000’000) Bakterien, Viren, Pilze und Hefen. Diese als «Mikrobiota» bezeichneten Lebewesen sind von zentraler Bedeutung für unsere Gesundheit. Während diese Darmbewohner früher als passive Mikroorganismen wahrgenommen wurden, hat sich dieses Bild aufgrund von Forschungsresultaten jüngeren Datums radikal geändert: Heute wissen wir, dass diese Mikrobengemeinschaften für unsere Gesundheit und Leistungsfähigkeit essenziell sind.

Die Vielfalt der einzelnen Arten und deren relative Anteile sind unterschiedlich, je nachdem ob sich ein Mensch gesund fühlt oder an Beschwerden leidet. Spannend ist, dass es dabei offenbar keine Rolle spielt, welcher Natur diese Beschwerden sind: Gallensteine, Herzrhythmusstörungen, Bluthochdruck, Reizdarm, Migräne oder Depressionen zeigen diesbezüglich ein ähnliches Bild. Kommen bestimmte Mikroben gehäuft vor, lässt sich darauf auf einen positiven Gesundheitszustand schliessen; dominieren hingegen andere Winzlinge lässt sich daraus ein schlechter Gesundheitszustand ableiten1).

Die Studie kann allerdings nicht schlüssig erklären, ob gesundheitliche Probleme zu einer Veränderung der Zusammensetzung der Mikroben führen, oder umgekehrt. «Andere Studien hingegen zeigen, dass gesunde Mäuse rasch entsprechende Symptome entwickeln, wenn die Bakterien in ihrem Darm mit den Bakterien von fettleibigen, zuckerkranken oder depressiven Artgenossen getauscht werden.»2)

In der unter1) erwähnten Studie liess sich auch – wenig überraschend – ein direkter Zusammenhang zwischen dem Lebensstil und der Mikrobenzusammensetzung im Darm feststellen. Menschen die sich gesund ernähren, sich in einem gesunden Umfeld bewegen und einen aktiven Lebensstil führen, verfügen über eine «bessere» Mikrobenwelt.

Interessant ist an dieser Stelle auch ein Artikel von Paolo Colombani3) in dem er schreibt, dass bei untrainierten und inaktiven Menschen eine geringe Mikroben-Vielfalt vorhanden ist, während die Artenvielfalt bei trainierten Personen grösser ist.

«Die Forschung zur Mikrobiota und der optimalen Leistung ist noch jung. Aber einiges ist jetzt schon bekannt. Von der ­Mikrobiota produzierte Stoffe, in erster Linie die kurzkettigen Fettsäuren, wirken sowohl im Darm als auch nach ihrer Aufnahme im ganzen Körper. Wird eine Mindestmenge an diesen Stoffen unterschritten, ist die Erhaltung des normalen Zustands und der Gesundheit (und somit automatisch auch der optimalen Leistungsfähigkeit) nicht sichergestellt. Dabei kippt man aber nicht sofort von einem guten in einen katastrophalen Zustand, sondern man driftet allmählich und unmerklich in Richtung eines suboptimalen Status ab.

Körperliche Aktivität puffert diesen Vorgang zwar ab. Damit die Mikrobiota aber wirklich happy bleibt, benötigt sie auch genügend Nahrung. Diese bezieht sie aus dem Teil unseres Essens, den wir nicht verdauen können, hauptsächlich den Nahrungsfasern. Das Problem ist: Fast alle Erwachsenen nehmen mit 10 bis 20 Gramm pro Tag weniger ein als das Soll von 30 Gramm. Für sportlich Aktive bedeutet dies, dass sie zwar besser dastehen als kaum Aktive. Sie schöpfen aber ihr Leistungspotenzial dennoch nicht aus.»

Was sind nun die Lehren, die wir für unseren Alltag aus den aktuellen Forschungsresultaten ziehen können?

  • Der Mensch muss vermehrt unter Einbezug von Mikroben, welche in ihm leben als «Superorganismus», denn als isoliertes Individuum betrachtet werden.
  • Die Darmflora hat einen entscheidenden Einfluss auf unsere Gesundheit.
  • Zentral ist die Zusammensetzung der Darmflora und die Artenvielfalt generell.
  • Das wiederum ist zu einem Grossteil davon abhängig, wie wir uns ernähren.
  • Gemäss aktuellen Studien soll man in der Ernährung auf folgendes achten:
    • Möglichst naturbelassene Lebensmittel ohne Giftstoffe, Zusätze, etc.
    • Keine Fertigmahlzeiten.
    • Möglichst vielfältig essen; d.h. je mehr verschiedene Nahrungsmittel desto besser (gilt auch für Kräuter und Gewürze).
    • Mindestens 30g Nahrungsfasern/Tag.
    • Keine Einfachzucker.
    • Kein «Daueressen» – der Darm braucht wirschen den Mahlzeiten auch mal Ruhe.
    • Vorsicht mit Medikamenten; insbesondere mit Antibiotika, welche nebst den Krankheitserregern meist auch einen Grossteil der «guten» Mikroben töten.

Für weitere Fragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung.

1) «Environmental factors shaping the gut microbiome in a Dutch population», Nature, Band 606, S. 732ff

2) NZZ am Sonntag, 19. Februar 2023, Seite 61

3) Paolo Colombani, Viren, Pilze sind wichtig für unsere Leistung, NZZ am Sonntag, 2.10.22

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