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Wenn man in den einschlägigen Body-Building-Magazinen blättert und die Bilder der gigantischen, stereoidgefüllten Kerle beim Trainieren anschaut, staunt man, ob der unglaublich grossen Gewichte, welche da offenbar im Training bewegt werden. Nicht selten sah man auf der breiten Brust dieser Kerle zum äussersten gespannte T-Shirts mit Sprüchen wie «Go heavy or go home». Zu Deutsch: Willst Du stark sein und Muckis aufbauen, musst Du zum Trainieren wirklich schwere Gewichte bewegen. Doch stimmt das auch wirklich? Was sagt denn die Wissenschaft dazu?

Ich einem Artikel, den ich vor einiger Zeit bei Galaxus las, wurden vier Studien analysiert, die der Frage nachgehen, welchen Einfluss das gewählte Gewicht und die Trainingsintensität auf das Muskelwachstum haben. Ich habe diese vier Studien gelesen und möchte die wichtigsten gemeinsamen Aussagen zusammenfassen.

Dazu aber vorab noch einige Erklärungen: Die Belastung beim Krafttraining bezieht sich auf die Masse eines Objektes, wie es typischerweise beim Training bewegt wird (z.B. Hantel oder ein Gewichtsstein). Das willkürlich in einer Übung bewältigbare Maximalgewicht bezeichnet man als 1-Repetitionsmaximum (1-RM). Wie der Name erahnen lässt, stellt das 1-RM die Masse dar, mit der man eine bestimmte Übung genau einmal komplett ausführen kann, aber kein zweites Mal. In den verschiedenen Studien wird die Masse, die im Training verwendet wird in Prozent des 1-RM angegeben. So entspricht also 60 % 1-RM 60% der zum Zeitpunkt des 1-RM Tests erfolgreich bewegten Masse. Liegt das 1-RM beim Bankdrücken bei 80 kg, entsprächen 60 % 1-RM folglich 48 kg.

In den vier erwähnten Studien trainierten die Testpersonen jeweils mit unterschiedlich schweren Gewichten typischerweise zwischen 20% 1-RM und 90% 1-RM mit unterschiedlichen Wiederholungszahlen. Ebenso wurde mit unterschiedlichen Intensitäten trainiert: Während die einen Gruppen die Übung ausführten, bis keine einzige weitere Wiederholung mehr möglich war (Training bis zum Muskelversagen), hörten andere Gruppen nach einer definierten Anzahl Wiederholungen vor dem Muskelversagen auf.

Die Resultate, gemessen am Proteinaufbau (Muskelwachstum) und Kraftzuwachs der unterschiedlichen Kontrollgruppen, wurden anschliessend verglichen und analysiert.

Obwohl die Studien unterschiedlich angelegt waren, liessen sich folgende Schlussfolgerungen über alle Studien hinweg ziehen:

  • Trainiert man nicht bis zum Muskelversagen, steigt der Muskelzuwachs bis etwa 75% 1-RM leicht an. Oberhalb dieses Wertes stimulieren Belastungen das Muskelwachstum nicht zusätzlich.

  • Wird bis zum Muskelversagen trainiert zeigen Studien sowohl an untrainierten als auch an trainierten Männern, dass die externe Belastung nur eine untergeordnete Rolle spielen und Gewichte zwischen 30 – 90 % des 1-RM zu nahezu gleichem Muskelwachstum führen.

Natürlich reagieren nicht alle Menschen genau gleich auf Trainingsreize und es gibt immer Ausnahmen vorn der Regel. Die für mich zentrale Aussage ist, dass die Trainingsintensität, d.h. das «An-die-Grenzen-gehen» klar wichtiger als das Trainingsgewicht ist. Wirkungsvolles Krafttraining braucht demzufolge auch nicht endlos Zeit, sondern in erster Linie den Willen an die persönlichen Grenzen zu gehen. Dass dabei eine saubere Trainingstechnik nicht vernachlässigt werden darf, ist selbstverständlich! (siehe dazu auch unseren Blogbeitrag Trainieren ist kein Ponyhof – oder – Fortschritte werden ausserhalb der Komfortzone erzielt – (aktivphysio.ch) )

Also los geht’s!

 

Für diejenigen, welche die Studien im Original nachlesen möchten, hier noch die Quellenangaben: 

  • Kumar V, Selby A, Rankin D, Patel R, Atherton P, Hildebrandt W, et al. Age-related differences in the dose-response relationship of muscle protein synthesis to resistance exercise in young and old men. J Physiol. 2009;587: 211–217. doi:10.1113/jphysiol.2008.164483
  • Schoenfeld BJ, Ratamess NA, Peterson MD, Contreras B, Sonmez GT, Alvar BA. Effects of different volume-equated resistance training loading strategies on muscular adaptations in well-trained men. J Strength Cond Res. NSCA National Strength and Conditioning Association; 2014;28: 2909–2918. doi:10.1519/JSC.0000000000000480
  • Mitchell CJ, Churchward-Venne TA, West DWDD, Burd NA, Breen L, Baker SK, et al. Resistance exercise load does not determine training-mediated hypertrophic gains in young men. J Appl Physiol. American Physiological Society Bethesda, MD; 2012;113: 71–77. doi:10.1152/japplphysiol.00307.2012
  • Morton RW, Oikawa SY, Wavell CG, Mazara N, McGlory C, Quadrilatero J, et al. Neither load nor systemic hormones determine resistance training-mediated hypertrophy or strength gains in resistance-trained young men. J Appl Physiol. 2016;121: 129–138. doi:10.1152/japplphysiol.00154.2016

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