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Anhaltende (mehr als 12 Wochen dauernde) Rückenschmerzen werden zunehmend zu einer globalen Herausforderung: Die Fälle, die zu einer Behinderung im Alltag führen, haben in den letzten 25 Jahren über 50% zugenommen.

Vor diesem Hintergrund hat ein internationales Team von Medizinern, Forschern, Patienten und Klinikern die aktuelle Studienlage analysiert und ein standardisiertes Rückenprogramm entwickelt, welches auf den neuesten Erkenntnissen beruht.

So entstand 2018 das GLA:D® Rückenprogramm, welches die gleichen Prinzipien wie das weltweit erfolgreich umgesetzte GLA:D® Artroseprogramm anwendet.

Wir haben das zum Anlass genommen einige uns wichtig erscheinende Punkte aus neueren Studien in diesem Blogbeitrag zusammenzufassen.

Das MRI bei lumbalen Rückenschmerzen – zu oft, zu früh und mit teilweise falschen Schlussfolgerungen
Es ist leider ein Mythos, dass ein Patient mit Rückenschmerzen dank eines MRI die korrekte Behandlung erhält. Dazu gilt es erst einmal festzuhalten, dass auch Menschen ohne Rückenschmerzen oft Veränderungen in ihren MR-Aufnahmen haben; einschliesslich Veränderungen des Knorpels (Bandscheibe). Eine amerikanische Studie die 405’965 Episoden von Rückenschmerzen bei US-Veteranen untersucht hat, kommt zu teilweise erschreckenden Resultaten [Observational Study of the Downstream Consequences of inappropriate MRI on the lumbal Spine]. Es wurden dabei vergleichbare Episoden untersucht, wobei die eine Gruppe einen MR-Scan in den ersten 6 Wochen nach Auftreten der Schmerzen machte und die zweite Gruppe keinen Scan machte. Bei der Gruppe mit den frühen Scans zeigte sich unter anderem:

  • ein 12-fach höheres Risiko für eine Operation (!)
  • ein 23% höheres Risiko für eine Opioidbehandlung
  • 45% höhere Fallkosten 

Der Einfluss von Schmerzen und seine Wahrnehmung
Spannend ist dabei, dass entgegen der landläufigen Meinung, den Schmerzen kaum eine klare Ursache zugeordnet werden kann. So ist es nicht möglich, eindeutig zu bestimmen, ob Rückenschmerzen von der Bandscheibe, dem Facettengelenk oder den Endplatten ausgelöst werden [Hartvigsen, Hancock, Kongsted, Lancet 2018].

Ein weiteres wichtiges Thema ist die eigentliche Schmerzintensität. Zunächst gilt auch hier: Es besteht kein Zusammenhang zwischen Schmerzintensität und Gewebeschädigung! Das heisst auch wenn’s fest weh tut, muss nicht zwingend ein grosser Schaden vorliegen und umgekehrt. Dazu kommt, dass die Schmerzintensität von Erwartungen, Erfahrungen (in ähnlichen Situationen), Ängsten und Sorgen beeinflusst wird.

Untersuchungen zeigen, dass die folgenden Risikofaktoren einen grossen Einfluss haben, ob die langanhaltenden Rückenschmerzen zu einer andauernden Behinderung führen:

  • Depressionen und Ängste im Zusammenhang mit Schmerzen
  • Geringe Selbstwirksamkeit
  • Nicht hilfreiche, respektive negative/falsche Überzeugungen
  • Ausstrahlende Schmerzen im Bein 

Prävention und Behandlung von lumbalen Rückenschmerzen – Studienlange
Eine aktuelle Metastudie, welche die Ergebnisse aus 40 randomisierten, klinischen Studien zum Thema auswertete, zeigt – für uns wenig überraschend – dass eine Kombination aus Training und Patientenedukation (Schulung, Beratung, Information) zu folgenden Ergebnissen führt:

  • 40% Reduktion der Rezidivrate, also der Wahrscheinlichkeit eines Wiederauftretens lumbaler Rückenschmerzen
  • 27% Reduktion der krankheitsbedingten Arbeitsausfälle

Übersicht über die wichtigsten, nicht medikamentösen Behandlungsstrategien und deren Erfolgswirksamkeit

Intervention (nicht medikamentös)

akute lumbale
Rückenschmerzen
(<6 Wochen)

chronische lumbale Rückenschmerzen
(>12 Wochen)

Übungstherapie

+

+++

Verhaltenstherapie / Patientenedukation

+

+++

Wirbelsäulenmanipulation

++

++

Medizinische Massage

++

++

Akkupunktur

++

++

Yoga (u. ähnliche Trainingsformen)

keine Evidenz

++

Achtsamkeitsbasierte Stressreduktion (MBSR)

keine Evidenz

++

Interdisziplinäre Rehabilitation

keine Evidenz

++

[Buchbinder, Underwood, Hartvigsen, Maher; painjournalonline, September 2020]

 

Zum GLA:D® Rückenprogramm
Das GLA:D® Rückenprogramm besteht aus den drei Elemente «Beratung und Instruktion», (Anamnese, Bestandesaufnahme, Wissensvermittlung), «Übungen» und «Qualitätskontrolle». Mehr Informationen zu Inhalt und Ablauf finden Sie auf unserer Website.

Das Programm kann vom (Haus-)Arzt verordnet werden und wird in der Regel von der Krankenkasse bezahlt. Die Aktiv Physio verfügt über zwei zertifizierte Therapeuten, welche dieses Programm anbieten.

 

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