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Ammenmärchen halten sich bis heute
Es ist doch immer wieder erstaunlich, wie gewisse Ammenmärchen und Vorurteile sich hartnäckig über die Zeit retten. Wer von Ihnen, liebe Blog-Leserinnen und Leser, kalten Kaffee trinkt, um sein Aussehen zu verbessern, sollte hier vielleicht aufhören weiter zu lesen.

Jahrzehntelang hat man den Ausdauersportlern immer und immer wieder erzählt, dass Sie Krafttraining ebenso meiden sollten, wie der Teufel das Weihwasser. Es würde sie langsam, schwer und unbeweglich machen, wurde den Läufern und Radfahrern dieser Erde gepredigt.

Krafttraining für die Gesundheit
Gemäss aktuellen Studien präsentiert sich die Situation allerdings anders und unser beruflicher Alltag als Physiotherapeuten zeigt, dass viele ambitionierte Ausdauersportler zu unseren Patienten wurden, weil sie kein Krafttraining betrieben haben. Athleten zeigen zwar in Ihrer Sportart oft ansprechende Leistungen, haben aber grosse Defizite in der Rumpfstabilität, der Stabilität von Beinachsen, Knie- und Hüftgelenken. Mit derartigen körperlichen Defiziten ausgestattet, muten sie ihren ungenügend vorbereiteten (sprich zu wenig starken) Körpern beharrlich die monotone Belastung eines Ausdauersports zu.

Krafttraining für mehr Speed
Es ist nicht nur so, dass Krafttraining aus gesundheitlichen Gründen für den seriösen Ausdauersportler ein «Muss» ist – nein – es macht ihn auch besser in seiner Sportart. Krafttraining macht – richtig ausgeführt – kräftig; es macht den Ausdauerathleten stärker. Dagegen gibt’s keine Argumente, oder? Wir haben noch nie jemanden gesehen, der als austrainierter Radfahrer eine Hantel angefasst hat und danach als «Schwarzenegger-Kopie» aus dem Kraftraum gegangen ist. Langsam und unbeweglich macht Krafttraining ebenfalls nicht. Im Profi-Bereich weiss man das seit langem. Ausdauerathleten an der Weltspitze «quälen» sich auch im Kraftraum und stärken ihre Rumpfmuskulatur mit Pilates. Würde das langsam, schwer und unbeweglich machen, täten letztere das mit Bestimmtheit nicht!

Krafttraining – aber richtig!
Bevor Sie also als ambitionierter Ausdauerathlet das nächste Mal losrennen, um noch ein letztes «Prozentchen» dadurch zu finden, dass sie die gleichen «functional Supersocks» wie Ihr Lieblingsathlet kaufen, sollten Sie sich vielleicht fragen, ob auch Ihr Krafttraining vergleichbar ist.

Und wenn Sie als Ausdauerathlet Krafttraining machen, machen Sie es richtig: Wenige Wiederholungen, schwere Gewichte und bitte bis zum Muskelversagen – denn Krafttraining ist kein Ponyhof (siehe unseren Blog-Beitrag dazu). Gerne helfen wir oder unser Partner Top Fit Ihnen dabei, es richtig zu machen.


Maja Neuenschwander in der NZZ am Sonntag
Zum Thema hat es in der NZZ am Sonntag, vom 11. Oktober 2020 einen sehr guten Artikel von Maja Neuenschwander, Profi-Läuferin und Schweizer-Rekordhalterin im Marathon (2:26:49), den wir Ihnen nicht vorenthalten möchten:

Hunde und Hanteln. Was haben diese Begriffe gemeinsam? Um beides machen Läuferinnen und Läufer gern einen grossen Bogen. Lieber machen sie ein Lauftraining mehr, als dass sie eine Einheit Kraft einbauen würden. Studien zeigen aber, dass sich ein Anfreunden mit Krafttraining für Laufende aller Leistungsklassen positiv auswirkt. So verbessern sich unter anderem die Laufökonomie und die Geschwindigkeit. Die inter- und intramuskuläre Koordination wird optimiert – durch Krafttraining ist das Nervensystem in der Lage, die Muskeln effizienter anzusprechen. Doch Wie sieht ein wirkungsvolles Krafttraining aus? Entscheidend ist, dass Wirklich die Kraft und nicht ein weiteres Mal die Ausdauer trainiert wird. Folgende Grundsätze sind weiter zu berücksichtigen:

Der Fokus bei der Auswahl der Übungen sollte auf der für das Laufen relevanten Muskulatur liegen: Oberschenkel vorne und hinten, Wade und Gesäss. Es empfehlen sich zudem Übungen, die nicht einzelne Muskeln isoliert trainieren, sondern möglichst viel Muskelmasse gleichzeitig fordern, etwa Ausfallschritte, Kniebeugen oder Kreuzheben

Der Weg zum Ziel führt nicht über die traditionelle Krafttrainings-Methode mit vielen Wiederholungen bei niedrigem Gewicht. Das Gegenteil gilt: höheres Gewicht, wenige Wiederholungen. Zum Beispiel sechs bis zehn Wiederholungen pro Trainingssatz und zwei bis drei Trainingssätze pro Übung; zwischen den Trainingssätzen ein bis zwei Minuten Pause. Das zu wählende Gewicht ist vom individuellen Trainingsstand abhängig. Als Faustregel gilt, dass die letzten zwei bis drei Wiederholungen eines Satzes weh tun dürfen. Für einen optimalen Trainingsreiz ist es Wichtig, die Satzpausen nicht zu kurz zu gestalten, sonst leidet die Qualität der Ausführung.

Das Krafttraining wird idealerweise zweimal pro Woche eingeplant – an einem Tag ohne Lauftraining oder vor einem Lauf mit geringer Intensität und Distanz. Es sollte eine Dauer von 45-60 Minuten nicht übersteigen. Abschliessend noch zwei Anmerkungen. Erstens: Running is king. Die Arbeit mit Gewichten sollte in keiner Weise das Lauftraining negativ beeinflussen. Zweitens: Krafttraining ist sehr individuell. Im Gegensatz zum Lauftraining benötigt nicht jeder die gleichen Trainingsmethoden im Kraftbereich.

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