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«Wer Fett verbrennen will, muss mit tiefem Puls trainieren.» Immer wieder werde ich in meiner Arbeit mit dieser Aussage konfrontiert. Man liest das so – oder noch schlimmer – wird im Sportverein oder im Fitnesscenter so instruiert. Komplett falsch ist diese Aussage zwar nicht – aber eben auch nicht richtig und was schlimm ist, sie ist irreführend!

Das Thema der Energiegewinnung unseres Körpers detailliert dazustellen, würde den Rahmen dieses Artikels sprengen und Ihre Geduld höchstwahrscheinlich überstrapazieren. Ich erlaube mir deshalb einige Vereinfachungen und konzentriere mich auf das Wesentliche. Nehmen wir der Einfachheit halber mal an, unser Körper wäre ein Verbrennungsmotor – sogar ein sehr cleverer Verbrennungsmotor, der mit verschiedenen Treibstoffen betrieben werden kann. Diese Treibstoffe sind:

  • Kohlenhydrate (1g entspricht 4,1 Kcal), respektive das daraus gebildete Glycogen, welches in den Muskeln und der Leber gespeichert – und als Glucose verbrannt wird, sowie
  • Fett (1g entspricht 9,3 Kcal), respektive Fettsäuren, die dem Körper durch Oxidation bereitgestellt werden.

Bevor wir nun zum Kern des Themas kommen, möchte ich auf zwei unterschiedliche Zielsetzungen von Sport-Treibenden zu sprechen kommen: Der Ausdauer-Leistungssportler (Marathonläufer, Triathlet) möchte mit seinen Energiereserven möglichst ökonomisch umgehen. Auf den Motor bezogen heisst das, er möchte aus möglichst wenig Treibstoffvolumen möglichst viel Leistung gewinnen. Ihm gegenüber steht der Hobby-Sportler, der ein paar überschüssige Pfunde (oder auch Kilos) auf möglichst effektive Weise loswerden möchte. Das heisst, die Zielsetzung an seinen Motor lautet „Ineffizienz“! Sein Motor soll möglichst viel Treibstoff in möglichst kurzer Zeit verbrennen. Nochmals: die Zielsetzungen beider Gruppen sind gegenläufig! Wir konzentrieren uns in der Folge auf die zweite Gruppe – darunter befinden sich ja auch die meisten „Opfer“ der falschen Trainingstheorie.

Zunächst ganz einfach: Unser Multi-Treibstoff-Motor verbrennt denjenigen Treibstoff den er zur Verfügung hat. Das heisst einmal ganz unabhängig von der Frage der Trainingsintensität zahlt es sich aus, den Motor dazu zu zwingen, Fette zu verbrennen. Das geschieht dadurch, dass wir beim „Tanken“ nicht übertreiben (denn unser Vehikel hat die Eigenschaft zu viel getankten Treibstoff in Form von Körperfett zu speichern) und zum anderen dadurch, dass wir bei der Zufuhr von Kohlehydraten vorsichtig sind.

„Wer Fett verbrennen will muss mit tiefem Puls trainieren“. Diese Aussage stimmt dann, wenn ich’s ad absurdum treibe: Im Schlaf (da sollte ja mein Puls nun wirklich tief sein) verbrenne ich fast ausschliesslich Fett. Das Dumme daran ist, dass es nur sehr kleine Mengen sind! Das heisst also relativ gesehen (prozentuale Aufteilung der Energiegewinnung aus Fetten und Kohlehydraten), mag das bis zu einem gewissen Grad stimmen – nur absolut geht diese Rechnung nicht auf: Wenn man kaum Energie verbraucht, schmelzen auch die Fettpolster nicht merklich.

Idealerweise trainiert man für eine maximale absolute Fettverbrennung im mittleren/oberen Grundlagen-Ausdauerbereich (bei ca. 70-80% der maximalen Herzfrequenz), das heisst in einem Bereich, wo eigentlich vorwiegend Kohlehydrate verbrannt werden, nimmt aber vor dem Training keine Kohlehydrate zu sich und zwingt so den Körper in den Fettstoffwechsel. Ferner wird so auch das Gehirn dazu gezwungen, für seinen Energiebedarf Ketone (ein „Abfallprodukt“ aus dem Fettstoffwechsel) heranzuziehen.

Natürlich muss jeder „Fall“ individuell betrachtet werden. Verschiedene Faktoren, wie Trainingszustand, Menge des Depot-Fettes, Alter, Geschlecht und – ganz besonders wichtig – die Gesundheit spielen eine zentrale Rolle, wenn es darum geht, ein für den Fettabbau optimales Training zu entwickeln. Es geht mir in meinen Ausführungen nur darum, mit dem Mythos „tiefe Herzfrequenz für optimalen Fettabbau“ aufzuräumen und Ihnen zu erklären, inwiefern diese Aussage irreführend ist.

Zum Abschluss möchte ich ihnen noch ein paar Schlussfolgerungen aus aktuellen Studien, sowie ein paar Tips zur Fettverbrennung mitgeben:

  • Die Auffassung, dass zu Beginn des Trainings zunächst überwiegend Glucose verbrannt wird, ist inzwischen umstritten. Aktuell geht man davon aus, dass der Anteil der Fettverbrennung primär von der Art des zugeführten Treibstoffes (Kohlehydrate, Fett) sowie von der Stärke der Belastung und vom allgemeinen Trainingszustand abhängt.
  • Studien zufolge verringert eine kohlenhydratreiche Ernährung durch den höheren Insulinausstoss die Fettoxidation um bis zu 35 Prozent! Das kann noch sechs bis acht Stunden nach einer Mahlzeit der Fall sein [Asker E. Jeukendrup: „Fettverbrennung und körperliche Aktivität“].
  • Die Fettverbrennung durch Sport hängt von mehreren Faktoren ab, unter anderem von der körperlichen Austrainiertheit und der Ausbildung der Muskeln. Männer verbrennen bei gleicher Belastungsintensität weniger Fett als Frauen. Übergewicht und Insulinresistenz verringern den Fettverbrauch. In Studien war der Fettstoffwechsel bei Trainierten bei einer Belastungsintensität von 65 Prozent der Maximalleistung am effektivsten, bei Untrainierten bei etwa 50 Prozent, was etwa 70%-80% der maximalen Herzfrequenz entspricht [Asker E. Jeukendrup: „Fettverbrennung und körperliche Aktivität“]
  • Bei extensiver Belastung (z.B. Jogging) besteht die aerobe Energiegewinnung aus Fett- und Kohlenhydratverbrennung (Oxidation von freien Fettsäuren und Glukose) von Beginn an, im Gegensatz zur sogenannten anaeroben Energiegewinnung bei kurzzeitigen Belastungsspitzen, z.B. beim Sprint. Beim Jogging oder beim Walking ist die Fett-Oxidation Studien zufolge stärker als beim Radfahren.

Versuchen Sie für eine optimale Fettverbrennung mindestes 20 Minuten am Stück zu trainieren und geben Sie acht auf Ihren Puls. Bei idealerweise mindestens 3 Trainingseinheiten/Woche empfiehlt es sich, auch regelmässig ein Intervalltraining/Woche einzubauen. Ihre Leistungsfähigkeit und damit auch Ihr Energieverbrauch wird es Ihnen danken. Und ausserdem: Krafttraining ist (in der richtigen Intensität) bzgl. Fettverbrennung so effektiv wie Ausdauertraining; es ähnelt in seinem Herzfrequenzverlauf dem Intervalltraining, verbrennt viele Kalorien und hat noch viele andere positive Effekte. Allerdings gehört die in diesem Zusammenhang oft erwähnte, so genannte „Spot-Reduction“, also die gezielte Fettreduzierung in bestimmten Körperregionen definitiv ins Reich der Märchen.

Sollten Sie noch weiterführende Fragen haben oder möchten Sie eine für Ihre Bedürfnisse massgeschneiderte Lösung, stehen wir Ihnen jederzeit gerne zur Verfügung

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