Haben Sie gewusst, dass unsere Füsse aus je 26 Knochen, 27 Gelenken, 32 Muskeln und Sehnen, und 107 Bändern bestehen? Ein hoch komplexes Gebilde also unsere Füsse. Zu was unsere Füsse eigentlich fähig wären, sehen wir bei Menschen, welche ihre Arme verloren haben: Hier übernehmen die Füsse die Funktion der fehlenden Hände und verrichten die erstaunlichsten Tätigkeiten.
Lebenslänglich eingesperrt!
Und wie sieht es bei uns aus? Kurz nach der Geburt werden die Füsse erstmals in Schuhe gesteckt und kommen aus diesem «Gefängnis» ein Leben lang nicht mehr raus. Unsere Füsse werden gestützt und gedämpft, die Zehen dicht zusammengepresst und verdammt zur beinahen Bewegungslosigkeit. Die Folge davon? Das von der Evolution über hunderttausende von Jahren geschaffene, leistungsfähige System von Muskeln, Sehnen, Gelenken verkümmert und degeneriert.
Dass die Schuhgrösse eines an sich ausgewachsenen Menschen im Durchschnitt nochmals um zwei Grössen zulegt, hat nichts mit Wachstum zu tun, sondern damit, dass die verkümmerten Fussmuskeln den Fuss nicht mehr stützen können… Plattfüsse, Senkfüsse und weitere Degenerationsformen sind dafür verantwortlich.
Viele von uns – darunter auch erschreckend viele junge Erwachsene – landen dann beim Spezialisten, wo mit Einlagen, Spezialschuhen, etc. der Fuss noch mehr gestützt und noch fester eingepackt wird.
Symptome vorübergehend beseitigt – aber Problem gelöst?
Wir sehen aktuell immer mehr Patienten mit Problemen, welche auf eine zu schwache und verkümmerte Fussmuskulatur zurückzuführen ist. Oft liegen die Zusammenhänge nicht auf der Hand – wir finden Symptome wie unspezifische Rückenschmerzen, Probleme im Becken- und Hüftbereich, teilweise Knieschmerzen deren Ursache Fussprobleme sind.
Was können wir dagegen tun?
Zum einen müssen wir wieder lernen, richtig zu gehen. Geben Sie sich einmal die Chance und beobachten andere Menschen und sich selbst beim Gehen. Wo berührt der Fuss als erstes den Boden? Mit der Ferse, in der Mitte oder auf dem Vorderfuss? Auf der Innenseite oder aussen? Wie sind die Füsse geführt? Machen sie einen Bogen gegen innen oder aussen, wenn die Person einen Schritt nimmt? Sind die Beine gestreckt oder immer angewinkelt? Tönt es laut oder leise? Wird der Boden fast erschüttert bei jedem Schritt oder schwebt die Person nur so über den Asphalt? Wie bewegt sich der Körper im Verhältnis zu den Schritten? Bleiben die Schultern und das Becken gerade oder bewegen Sie mit? Dreht sich der Oberkörper oder ist er steif? Wackelt der Kopf oder ist er starr?
Die Mehrzahl der Menschen setzt zuerst mit der Ferse am Boden auf; meistens nicht sehr sanft. Ebenfalls werden die Knie nicht hüftbreit nach vorne geführt, sondern meistens in einer leichten X-Bewegung (Knie gehen gegen innen). Auch sehen wir oft, dass die Belastung zwischen der Innen- und Aussenseite des Fusses nicht stimmt und viele Menschen gar bei jedem Schritt auf der Innenseite des Fusses leicht einknicken. Wenn die Beine über den Fersen zum Boden kommen, sind sie bei Vielen durchgestreckt. Dies wiederum gibt einen Schlag ins Knie und teilweise sogar ins Hüftgelenk. Auch beim Stehen haben praktische alle die Knie durchgestreckt. Sie tun dies, um die Muskeln zu entspannen. Leider muss so das Gelenk (und der Meniskus) die ganze Last unseres Körpers tragen.
Doch wie sollten wir dann richtig gehen?
Dazu eine einfache Übung: Gehen Sie ein paar Schritte rückwärts und prägen Sie sich den Bewegungsablauf genau ein. Nun stoppen Sie und gehen mit dem genau gleichen Bewegungsmuster vorwärts: Zehen und Fussballen setzen sanft und kontrolliert zuerst auf, der Fuss senkt sich und dämpft damit den Schritt, bevor die Ferse den Boden berührt – et voilà! Sie werden auch sofort feststellen, dass Sie Ihre Knie nicht mehr durchstrecken, wenn sie am Boden aufsetzen und Sie «leichter» gehen. Achten Sie sich auch auf die Zehen: auch sie sollten belastet werden: Sowohl beim Aufsetzen des Vorderfusses am Schrittanfang als auch am Schrittende, wo die Zehen zuletzt noch «abstossen».,
So – die Grundzüge des richtigen Gehens hätten wir. Doch bereits nach kurzer Distanz werden wir feststellen, dass unser Fuss ermüdet. Und nun sind wir beim zweiten Thema: Wir müssen unsere Fussmuskeln stärken! Die Voraussetzung, dass das funktioniert ist barfuss gehen!
Ein Hoch auf nackte Füsse!
Befreien Sie Ihre Füsse aus deren besohlten Gefängnissen! Nicht weil wir das besonders sexy finden und unserer Meinung nach auch nicht zum Gala-Dinner, aber weil wir die verkümmerten Muskeln trainieren wollen. Barfuss gehen – so wie vorab beschrieben – ist ein kostengünstiges, effektives, effizientes und bisweilen gar sinnliches Grundlagentraining für unsere Füsse.
Sie lernen wieder sich auf unterschiedlichem, unebenen Grund zu bewegen und dadurch, dass die Muskulatur im Fuss nicht mehr von «High-Tech»-Dämpfung und «ultimativen» Fussbetten in der Sohle gestützt wird, muss sie selbst wieder arbeiten. Die Fussstellung wird sich, je nach Ausgangslage, deutlich verbessern, Fehlstellungen vermindern sich oder verschwinden gar.
Schrittweise beginnen – langsam steigern
Da die Umstellung aufs Barfussgehen eine recht grosse ist, sollte dies langsam und schrittweise geschehen. Geht man es zu schnell an besteht die Gefahr, sich einen Muskelkater oder im schlimmeren Fall gar eine Entzündung zu holen. Beginnen sie zu Hause, dann im Garten und ums Haus barfuss zu gehen. Erweitern Sie das Ganze um einen täglichen Barfuss-Spaziergang über Wiesen, Feldwege und Waldboden.
Ergänzendes Fusstraining bringts
Beginnen Sie auch Ihre Füsse gezielt koordinativ zu fordern, indem Sie versuchen, ihre Zehen zu spreizen, sie hoch zu ziehen und eventuell gar einzeln zu bewegen.
Machen Sie Krafttraining für ihre Zehen und das Fussgewölbe, beispielsweise mit dem «Raupengang», der sich bestens auch beim Zähneputzen trainieren lässt, nachdem man ihn einmal gelernt und verinnerlicht hat. Eine Anleitung dazu finden Sie hier.
Noch ein Wort zu Barfussschuhen
Der Barfussschuh – eigentlich ein Widerspruch im Wort selbst, nicht wahr? Aus unserer Sicht ist das Gehen mit «nackten Füssen» klar die bessere Variante (Ausnahme: Leiden Sie unter einem Hallux ist der Barfussschuh zu empfehlen). Sollten Sie sich aber gar nicht dazu motivieren können, ist der Barfussschuh (als «Fingerschuh» oder alle Zehen zusammen) sicherlich eine gute Variante, denn auch hier müssen die Fussmuskeln arbeiten.
Eine gute Alternative stellt der Barfussschuh auch für Laufsportler mit empfindlichen Fusssohlen dar. Hier gilt das oben Gesagte umso mehr, als die Belastung der Fussmuskeln beim Laufen noch höher als beim Gehen ist: Beginnen mit kurzen Distanzen und steigern Sie sich langsam. Barfussläufer verbessern oft auch ihren Laufstil in Schuhen und gewinnen gar an Speed, da sie den gesamten Fuss inklusive Zehen zur Beschleunigung einsetzen.
Für weitere Fragen zum Thema stehen wir gerne zur Verfügung. Zum Schluss, bevor Sie sich jetzt die Schuhe ausziehen und losmarschieren, noch ein «Motivationsvideo», welches wir Ihnen nicht vorenthalten möchten!