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Dem Begriff des Burnouts begegnet man seit geraumer Zeit beinahe täglich. Kaum einer von uns, der in seinem Umfeld nicht schon damit konfrontiert wurde. Auch beruflich, vor allem im Rahmen meiner kPNI-Beratungen, bin ich immer öfter mit dieser Diagnose konfrontiert – Grund genug, das aus meiner Sicht wichtigste in einem kurzen Artikel zusammen zu fassen.

Lassen Sie uns mit der Frage beginnen, was ein Burnout eigentlich ist: Nebst dem Begriff „Burnout“ wird häufig auch derjenige des „Burnout-Syndroms“ verwendet. „Syndrom“ bedeutet in der Medizin und Psychologie das gleichzeitige Vorliegen verschiedener Symptome deren ursächlicher Zusammenhang sowie Entstehung und Entwicklung mehr oder weniger bekannt sind oder vermutet werden.

Ein Burnout ist keine Krankheit mit eindeutigen diagnostischen Kriterien, sondern eine körperliche, emotionale und geistige Erschöpfung aufgrund von (beruflicher) Überlastung und wird meist durch anhaltenden Stress ausgelöst, der nicht bewältigt werden kann. Medizinisch gesehen entspricht ein Burnout einer tiefgreifenden Störung der Produktion von Stresshormonen (u.a. Cortisol, Adrenalin, Noradrenalin) und Neurotransmittern (biochemische Stoffe, welche die Information von einer Nervenzelle zur anderen über die Synapse, weitergeben – hier z.B. Dopamin).

Die konkreten Auslöser für ein Burnout-Syndrom sind sehr individuell. Im Allgemeinen sind sich Wissenschaftler aber einig, dass ein Burnout-Syndrom als Folge chronischen Stresses entsteht, bei dem Faktoren auf zwei Ebenen wechselseitig wirksam werden:

  • Auf der ersten Ebene liegen personenexterne Belastungsfaktoren vor, die Stress verursachen. Im beruflichen Kontext können das Einflussfaktoren auf organisationaler Ebene sein, so z.B. bestimmte Eigenschaften der Hierarchie, eine mangelnde Ressourcenausstattung, bestimmte Belohnungsmechanismen im Unternehmen oder administrative Zwänge. Weitere potenzielle Stressoren liegen im sozialen Umfeld, d.h. in der Interaktion mit Kollegen und Vorgesetzten, oder ausserhalb des beruflichen Kontextes auch mit der Familie und dem Partner. Ferner gibt es situative Einflüsse bei den Belastungsfaktoren.
  • Auf der zweiten Ebene liegen personeninterne Persönlichkeitsfaktoren vor, die einen Nährboden für das Burnout-Syndrom bilden.

Wenn bestimmte Konstellationen auf beiden Ebenen zusammentreffen, sind hohe Ausmasse von Stress und Frustration vorprogrammiert, die das Burnout-Risiko dramatisch erhöhen.

Als typische Merkmale eines Burnout-Syndroms gelten:

  • Vermehrtes Engagement für bestimmte Ziele.
    • Man arbeitet nahezu pausenlos, verzichtet auf Erholungs- oder Entspannungsphasen, fühlt sich unentbehrlich und vollkommen.
    • Um das darzustellen, entwerten Betroffene häufig andere Teammitglieder und machen sich so bei Kollegen unbeliebt.
  • Der Beruf wird zum hauptsächlichen Lebensinhalt
  • Hyperaktivität
  • Nichtbeachten eigener Bedürfnisse
  • Verdrängen von Misserfolgen
  • Beschränkung sozialer Kontakte auf einen Bereich, zum Beispiel die Kunden; Partnervernachlässigung
  • Erschöpfung und chronische Müdigkeit
  • Suche von Ablenkung und Trost in Alkohol, Tabak, Internet- und Computeraktivitäten, vielem Essen oder häufigerem Geschlechtsverkehr
  • Konzentrationsschwäche, Schlafstörungen und Drehschwindel
  • Angstzustände, Depressionen

Wie bereits erwähnt, ist ein Burnout die Folge chronischen Stresses. Wenn wir besser verstehen, was Stress ist, verstehen wir die Vorgänge in unserem Körper bei einem Burnout besser. Ich möchte mich deshalb nun diesem Aspekt zuwenden.

Stress per se ist nichts Schlechtes – unser Körper ist gut dafür eingerichtet, auf Stress zu reagieren. Stellen Sie sich dazu eine Gefahrensituation vor: Die Ausschüttung von Stresshormonen (z.B. Adrenalin, Cortisol) sorgt dafür, dass wir viel Energie (Zucker) ins Blut kriegen, dass das Herz diese Energie schnell in die Muskulatur transportiert (der Puls geht hoch), dass uns zusätzlicher Sauerstoff zur Verbrennung zur Verfügung steht (verstärkte Atmung) und wir somit optimal auf eine Flucht oder einen Kampf vorbereitet sind. Diese Stresshormone reduzieren weiter Schmerzempfinden, Hungergefühl und lassen auch keine Müdigkeit zu. Sogar die Art und Weise wie unser Hirn funktioniert, wird beeinflusst: Ein breites, reflektives Denken wird verunmöglicht – wir sind „automatisch“ fokussiert. Sie sehen: Eigentlich ein perfekter biochemischer Mechanismus!

Was nun aber, wenn eine Stresssituation nicht Sekunden oder Minuten anhält sondern Stunden, Tage oder gar Wochen? Damit kann unser Körper nicht umgehen. Dazu möchte ich noch anmerken, dass psychischer Stress sich noch stärker auswirkt, als physischer – so sind beispielsweise die Cortisolwerte im ersten Fall rund vier Mal höher!

Was geschieht nun also, wenn aufgrund von anhaltendem psychischem Stress permanent zu viele Stresshormone ausgeschüttet werden? Das Wesentliche können Sie aus dem obigen Abschnitt ableiten: Puls und Atmung sind permanent zu hoch. Das Blut konzentriert sich in der Muskulatur und fehlt in der Verdauung – Durchfall und Magenschmerzen sind eine typische Folge, da die aufgenommenen Nährstoffe nicht mehr genügen abtransportiert werden können. Auch das Hirn wird nicht mehr optimal mit Nährstoffen versorgt. Typische Konsequenzen hieraus sind Glucosemangel und daraus resultierende „Heisshunger“-Attacken.

Langanhaltender Stress ist vergleichbar mit permanentem Autofahren am Drehzahllimit des Motors. Die Stresshormone helfen dem Körper, eine Zeit lang aussergewöhnliches zu leisten und Grenzen zu verschieben – doch irgendwann geht es nicht mehr; Der Körper kann auf Dauer nicht die entsprechenden Mengen dieser Stoffe produzieren. Wenn schliesslich die Unterstützung dieser Hormone wegfällt, ist es unmöglich das Leistungsniveau zu halten; es geht nicht mehr – der Motor (in unserem Beispiel) ist überdreht und geht hoch! Jetzt spricht man von einem Burnout.

Die Produktion von Stresshormonen lässt nun nach. Man wird am Morgen kaum mehr wach, fühlt sich permanent müde, erfährt vermehrt Schmerzen. Eine weitere schlimme Folge ist sicher auch der über so lange Zeit erhöhte Blutzuckerwert. Der Zucker, welcher im Blut bereit gestellt wurde, um uns erfolgreich flüchten oder kämpfen zu lassen, stand zwar über Tage, Wochen oder gar Monate bereit, wurde aber nicht genutzt, denn der psychische Stress erforderte keine Flucht und keinen Kampf. Der Körper hat auf diese Situation reagiert, indem er die Rezeptoren, welche den Zucker in die Zelle transportiert hätten, abgebaut hat. Damit ist erklärt, weshalb Diabetes2 oft eine Folge von langanhaltendem Stress ist. In diesem Zusammenhang wird auch die Produktion der Neurotransmitter reduziert, die in unserem Gehirn dafür sorgen, dass wir uns bewegen möchten und dass wir konzentriert und glücklich sind. Der Hormonhaushalt gerät aus dem Gleichgewicht.

Nochmals: Eine tägliche kleine Portion Stress ist für uns Menschen durchaus gesund. Dazwischen brauchen wir allerdings Ruhepausen, damit unser (biochemisches) System in der Balance bleibt. Ideal für uns Menschen ist somit ein ausgeglichenes rhythmisches Wechselspiel zwischen Anspannung und Ruhe.

Wie begegnet man nun einem Burnout? Dies ist eine schwierige Frage, die immer individuell und immer unter Beizug eines Arztes beantwortet werden sollte. Generell lässt sich aber sagen, dass eine erfolgreiche Therapie immer drei Parameter beinhalten sollte.

Ganz wichtig ist es, zunächst einmal herauszufinden worin ein Burnout seine Ursache hat (berufliches, privates Umfeld) und entsprechende Veränderungen einzuleiten. In der Regel resultiert daraus die Notwendigkeit grösserer Umstellungen. Die Beseitigung der identifizierten Ursachen ist essentiell. Geschieht das nicht, kann eine Genesung kaum erfolgreich verlaufen. Gleichzeitig ist dies aber auch der schwierigste Teil der Therapie. Veränderungen bringen Unsicherheiten mit sich und kosten Kraft, die man in diesem Stadium der Krankheit oft nicht mehr hat. Externe professionelle Hilfe ist deshalb meist ein Muss.

Ferner sollte die Therapie auch eine gezielte Ernährung mit entsprechender Supplementierung beinhalten. Es gilt hier, den Körper darin zu unterstützen, wieder ins Gleichgewicht zu kommen. Im Wesentlichen heisst das, einerseits Hormone zu produzieren und andererseits Rezeptoren zu bilden, welche die Hormone erst zu einer Wirkung befähigen.

Zu guter Letzt müsste der Genesungsprozess auch immer durch körperliche Aktivität unterstütz werden. Nicht Hochleistungssport ist nun angesagt, sondern regelmässiger Sport mit dem Focus auf Regeneration und Entspannung (dies gilt sowohl für Kraft- als auch für Ausdauertraining).

Die Genesung erfordert Arbeit in allen drei oben erwähnten Bereichen – parallel und koordiniert. Dem Leben möglichst rasch haltgebende, neue Strukturen zu geben ist wichtig! Der Heilungsprozess verläuft abhängig von einer Vielzahl von Parametern (Stadium und Schwere der Krankheit, Art der Hilfestellung, Mitarbeit des Patienten, physiologische und soziologische Faktoren) sehr individuell und zieht sich über mehrere Monate, im schlimmsten Fall sogar über zwei Jahre hin.

Ihre Coni Angst-Näf

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